Warum sollte jemand eine Tat gestehen, die sie:er nicht begangen hat? So unvorstellbar es klingt, falsche Geständnisse kommen immer wieder vor – und sie haben schon viele Menschen unschuldig ins Gefängnis gebracht. Studien zeigen, dass rund 13 % der in den USA registrierten Fehlurteile auf falschen Geständnissen beruhen.
Wie entstehen falsche Geständnisse?
Freiwillige Geständnisse
Manche Menschen gestehen eine Tat ohne äußeren Druck – etwa aus dem Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, Selbstbestrafung oder um Angehörige zu schützen. Auch die Aussicht auf eine mildere Strafe im Rahmen einer Verständigung (§ 257c StPO) kann zu einem solchen Geständnis führen.
Vernehmungsinduzierte Geständnisse
Häufig entstehen falsche Geständnisse unter Befragungsdruck, bei langen Vernehmungen oder in Kombination mit einer besonderen Verletzlichkeit des Beschuldigten – etwa bei Jugendlichen, psychisch Erkrankten oder Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen.
Internalisierte Geständnisse
Besonders erschütternd sind Fälle, in denen Beschuldigte durch suggestive Fragen so sehr beeinflusst werden, dass sie selbst glauben, die Tat begangen zu haben. Aus einer „falschen Erinnerung“ wird dann ein Geständnis, das nicht der Realität entspricht.
Ein bekanntes Beispiel: der Fall Rudolf Rupp
Im Jahr 2001 verschwand der Landwirt Rudolf Rupp spurlos. Ehefrau, Töchter und Schwiegersohn gestanden im Verhör, ihn getötet, zerstückelt und an die Hunde verfüttert zu haben. Jahre später wurde die unversehrte Leiche Rupps am Steuer seines Autos in der Donau gefunden – ein eindeutiger Beweis für die Unschuld der Verurteilten.
Wie konnte es zu diesen Geständnissen kommen? Die Beschuldigten wiesen eine deutliche Intelligenzminderung auf, standen unter massivem Druck und wurden in den Vernehmungen suggestiv beeinflusst. Der Fall zeigt eindrücklich, wie leicht falsche Geständnisse durch unzulässige Vernehmungsmethoden entstehen können – und wie fatal ihre Folgen sind.
Wiederaufnahmegründe
Wird ein Geständnis im Zusammenhang mit einer rechtswidrigen Absprache abgelegt, kann dies eine Wiederaufnahme nach § 359 Nr. 3 StPO rechtfertigen. In den meisten Fällen bleibt jedoch nur der Weg über neue Tatsachen oder Beweismittel (§ 359 Nr. 5 StPO). Ein späterer Widerruf genügt nur dann, wenn nachvollziehbar erklärt werden kann, wie es zum falschen Geständnis kam.
Literatur/Quellen
- Altenhain/Bliesener/Volbert (Hrsg.), Fehler und Wiederaufnahme im Strafverfahren, 2024.
- Barton, Einführung in die Strafverteidigung, 2. Aufl., 2013.
- Dunkel, Fehlentscheidungen in der Justiz, 2018.
- Kassin/Wrightsman, The Psychology of Evidence and Trial Procedure, 1985.
- Kassin/Gudjonsson, Psychological Science in the Public Interest 2004, S. 33 ff.
- Kassin et al., Law and Human Behavior 2010.
- Peters, Fehlerquellen des Strafprozesses, Bd. 2, 1972.
- Rick, StraFo 2012, S. 400 ff.