Von der Anfrage bis zum Wiederaufnahmeantrag – Unsere Abläufe
Ein Überblick über die einzelnen Schritte unserer Fallbearbeitung

Fehlurteile lassen sich nicht leicht korrigieren. Jede Wiederaufnahme erfordert intensive Arbeit und oft viel Geduld. Damit wir Betroffene wirksam unterstützen können, haben wir feste Abläufe entwickelt, die Transparenz und Qualität sichern und zugleich die Mitarbeit von Studierenden ermöglichen.
Der erste Schritt: Neueingänge prüfen
Sobald uns ein Fall erreicht, wird er in unserem Cloud-System (Tresorit) erfasst und dort von unseren Mitarbeitenden auf Vollständigkeit geprüft. Liegen die schriftlichen Urteilsgründe und unser Fragebogen vor, kommt der Fall in die so genannte Vorprüfung. Fehlen Unterlagen, wird er als „unvollständig“ markiert, bis die nötigen Dokumente nachgereicht sind.
Die Vorprüfung: Vier-Augen-Prinzip
In der Vorprüfung entscheiden ein:e wissenschaftliche:r Mitarbeiter:in und ein Vorstandsmitglied oder eine:r ehrenamtliche:r Volljurist:in gemeinsam, ob ein Fall Aussicht auf eine Wiederaufnahme hat. Dabei legen wir großen Wert auf eine besonders gründliche Prüfung und darauf, uns auch möglicher eigener Biases bewusst zu sein. Wird die Aussicht verneint, erhält die anfragende Person einen Abschlussbericht mit Begründung. Fälle mit Potential gehen entweder an unsere Universitäten, an denen Studierende gemeinsam mit ehrenamtlichen Verteidiger:innen an den Fällen arbeiten oder direkt an Sachverständige.
Die Fallbearbeitung: Gründliche Analyse
Für eine fundierte Prüfung ist es fast immer notwendig, die Ermittlungsakten einzusehen. Studierende, die bei uns mitarbeiten, werden zur Verschwiegenheit verpflichtet und unter Anleitung von Anwält:innen in die Aktenarbeit eingeführt. Sie recherchieren juristische Fragestellungen, prüfen Gutachten auf methodische Schwächen, analysieren Akten und fassen Ergebnisse in Berichten zusammen.
Am Ende jeder Bearbeitung steht ein Abschlussbericht mit einer klaren Empfehlung: Soll ein Wiederaufnahmeantrag vorbereitet werden – oder ist eine Absage die einzige Möglichkeit?
Zusammenarbeit von Praxis und Wissenschaft
Unsere Abläufe verbinden ehrenamtliche Strafverteidigung, wissenschaftliche Analyse und studentisches Engagement. So entsteht ein Zusammenspiel von Praxis, Forschung und Ausbildung, das nicht nur Betroffenen zugutekommt, sondern auch langfristig Erkenntnisse für Reformen im Strafverfahren liefert.
Unser Ziel
Wir wissen: Jeder Fall bedeutet für die Betroffenen Hoffnung – aber auch die Gefahr einer Enttäuschung. Deshalb legen wir besonderen Wert auf Sorgfalt, Transparenz und Zusammenarbeit. Unser Anspruch ist es, Strukturen zu schaffen, die Fehlurteile sichtbar machen und die Chancen auf eine gerechte Korrektur erhöhen. Gleichzeitig sammeln wir langfristig Erkenntnisse, um Muster und Schwachstellen im System zu erkennen und Reformen anzustoßen. Durch die enge Einbindung von Studierenden fördern wir zudem ein Bewusstsein für diese Themen schon früh in der juristischen Ausbildung – ein Schritt hin zu einer Kultur, die Fehler erkennt und daraus lernt.
Mehr Informationen finden Sie in unserer Handreichung: